Tickets

Firnisabnahme

Die Werke von Monet gehören zum Fundament der Sammlung der Fondation Beyeler. Eines der Seerosenbilder Nymphéas, entstanden zwischen 1916 und 1919, wird nun mit Unterstützung der Fondation BNP Paribas Suisse konservatorisch untersucht und restauriert. Wichtigste Massnahme ist die Abnahme eines Acrylharz-Firnisses, der den originalen Charakter des Gemäldes verfälscht.

Kunsthistorischer Kontext

Claude Monet (1840–1926) war einer der wichtigsten Künstler des 19. Jahrhundert und der führende Protagonist des Impressionismus. Sein Gemälde Impression – soleil levant von 1872, das die Morgenstimmung im Hafen von Le Havre zeigt, gab dem Kunststil «Impressionismus» seinen Namen. Monet revolutionierte die Malerei, indem er sehr viel leuchtendere Farben gebrauchte als seine Vorgänger:innen und sie mit kleinen Pinselstrichen nebeneinander setzte. Aus der Nähe betrachtet wirkt diese Pinselstrichstruktur als eine Art Farb-Wirrwarr (Abbildung 1). Aus grösserer Distanz gesehen, scheinen die Farbtöne jedoch ineinander zu fliessen; dann sind die Objekte und Motive zu erkennen, die der Künstler darstellen wollte.

Während die traditionelle akademische Ausbildung verlangte, dass die Maler:innen und ihre individuelle Arbeit mit dem Pinsel völlig hinter der Idee der Darstellung zurücktritt, stellte ein Künstler wie Monet gerade seinen Pinselduktus in den Vordergrund. Er erreichte damit die Wiedergabe individuell empfundener Stimmungen. Auch malten die Impressionist:innen ihre Bilder in der Regel «pleinair», also in der Natur vor dem jeweiligen Bildmotiv. Im Gegensatz zur akademischen Kunst, die im Atelier entstand.

Abbildung 1: Unter dem dünnen Firnis liegt eine Vielzahl von Farbschichten, die mit kreuz und quer geführten Pinselstrichen aufgetragen wurden.

Zum Werk

CLAUDE MONET: BIOGRAFIE

Der französische Maler lernt u.a. bei dem Freilichtmaler Eugène Boudin und studiert ab 1859 in Paris, wo er Bekanntschaft mit Pissarro, Bazille, Sisley und Renoir macht. Sein Werk Impression, soleil levant verleitet Kritiker, ihn auf der ersten Impressionisten-Ausstellung 1874 in Paris als «Impressionisten» zu verspotten, und begründet somit eine der wichtigsten Kunstrichtungen des 19. Jahrhunderts. 

Mit Beginn des deutsch-französischen Kriegs 1871 flieht Monet nach London, wo Gemälde von Turner und Constable ihn stark beeindrucken und der Kunsthändler Durand-Ruel sich seiner annimmt. Nach seinem Umzug nach Giverny widmet er sich intensiv der Abhängigkeit der Formen und Farben von Licht-, Luft- und Zeitverhältnissen in Bildfolgen. Vor allem der Garten mit den Seerosenteichen wird Inspirationsquelle für seine berühmten Seerosenbilder, die dort ab 1899 entstehen und in seinen letzten Werken bereits Elemente des Expressionismus enthalten.

Mehr zeigen Weniger zeigen

Monets späte Bilder zeigen vor allem die in den Teichen seines Gartens wachsenden Seerosen (frz. Nymphéa). Aber nicht nur: Oft geht es auch um die Darstellung der Spiegelbilder von Himmel, Wolken, Bäumen und Uferpflanzen in den Seerosenteichen. Zwar gelten die Nymphéas-Gemälde als figurativ, weil die Seerosen doch immer zu erkennen sind. Allerdings wären die so genannten «all over»-Bilder des Abstrakten Expressionismus ohne Monets gigantische Farbkompositionen kaum denkbar. 

Firnisabnahme

In der akademisch geprägten Kunst hatte ein Bild durch einen Firnis, eine Art durchsichtigen Lack, abgeschlossen zu sein. Die Impressionist:innen, allen voran Monet, firnissten ihre Bilder immer seltener und betonten dadurch ihre künstlerische Individualität und Modernität.

Im Rahmen älterer Restaurierungen wurde auf das Seerosenbild Nymphéas (1916–1919) ein dünner Acrylharz-Firnis aufgetragen, der den originalen Charakter des Gemäldes verfälscht. Die ursprünglich matte, pastellhafte Oberfläche zeigt sich heute von einem uniformen, glänzenden Film überzogen (Abbildung 2). Ausserdem wurde die sensible Farbharmonie beeinträchtigt, da der Firnis eine Sättigung erzeugt, welche die Farben dunkler und kontrastreicher erscheinen lässt. Die verfälschte Bildwirkung wird vor allem im Vergleich zu weiteren, ungefirnissten und unberührten Werken aus der Seerosen-Serie im Besitz des Museums evident.

Die Abnahme dieses Überzuges stellt eine sehr delikate und aufwendige Restaurierungsmassnahme dar, die ein präzises Wissen über die Eigenschaften sowohl des Firnismaterials als auch der originalen Malschichtoberfläche voraussetzt. Nach der Restaurierung wird sich dieses wichtige Werk Monets den Betrachter:innen wieder annähernd in seinem authentischen Erscheinungsbild präsentieren.

Detailaufnahme

Abbildung 2: Der Glanz des Acrylharzes tritt besonders in monochromen, weniger pastos gemalten Farbbereichen zutage.

 


 

Weitere Projekte

«LE LION, AYANT FAIM, SE JETTE SUR L’ANTILOPE» - Henri ROUSSEAU

Henri Rousseau zählt zu den eigenwilligsten Künstlern des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Das Restaurierungsprojekt sollte Rückschlüsse zu alten Übermalungen ermöglichen, die auch Besucher:innen ins Auge fielen und von denen unklar war, ob sie nachträglich angebracht wurden.

ZUM PROJEKT

Übersicht - Restaurierung

In der Fondation Beyeler arbeitet seit 2001 ein engagiertes Team im Bereich Restaurierung daran, wichtige Kunstwerke der Sammlung langfristig zu bewahren, damit sie auch für künftige Generationen zugänglich bleiben.

Zur Übersicht

«Demoiselles d'Avignon» - Pablo Picasso

Im Restaurierungsprojekt wurden wichtige Fragen zur Entstehungsgeschichte, zum Arbeitsprozess und zur Maltechnik des Gemäldes gestellt und in Verbindung gesetzt zum berühmten Gemälde Les Demoiselles d’Avignon von Pablo Picasso.

ZUM PROJEKT