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10. August – 9. November 2003

Das Spätwerk von Paul Klee gehört zu den bewegendsten Zeugnissen der Klassischen Moderne. Die Ausstellung zeigt nach einem Auftakt mit farbenfrohen Werken aus Klees Düsseldorfer Zeit (1931–33) die verschiedenen Schaffensphasen seiner letzten Lebensjahre – von der Machtergreifung der Nazis bis zum Tod des Künstlers im Juni 1940.

Paul Klee schuf zwischen 1933 und 1940 ein vielgestaltiges Spätwerk, das zu den bedeutendsten der Moderne gehört. Die Fondation Beyeler bietet in einer grossen Sonderausstellung einen breit angelegten Überblick über diese dramatisch verlaufene letzte Werkphase des Künstlers.

Ausgangspunkt ist das Jahr der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland: Im April 1933 wird Klee mit sofortiger Wirkung von der Düsseldorfer Akademie beurlaubt, an der er seit 1931 lehrte, und emigriert im Dezember in seine Jugendstadt Bern. Diese radikal geänderten Lebensumstände wirken sich nachhaltig auf sein künstlerisches Schaffen aus. Arbeitete der Künstler ab 1933 unter dem unmittelbaren Eindruck der politischen Bedrohung der europäischen Kultur und ihrer Avantgarden, so kam ab 1935/36 die ganz persönliche Tragik einer unheilbaren Erkrankung hinzu, deren Ausbruch das Spätwerk im engeren Sinne ankündigt. In den vier abschliessenden Lebensjahren von 1937 bis 1940 erfuhr das Werk eine letzte Verdichtung. Nun fand Klee zu seinem typischen, durch den Kontrast von farbigen Flächen und schwarzen Balkenlinien gekennzeichneten Spätstil. Die mit über 100 Werken – in erster Linie Gemälden und farbigen Blättern – bestückte Schau präsentiert bedeutende Beispiele dieser letzten Schaffensperiode, in der zwischen Heiterkeit, Ironie und Tragik das Grenzenlose aufscheint.

Die Ausstellung ist in Zusammenarbeit mit dem Sprengel Museum Hannover entstanden, wo sie vom 23. November 2003 bis 15.Februar 2004 zu sehen ist. Es handelt sich um die seit 1990 erste umfassende Präsentation dieser letzten Schaffensjahre des grossen Bildermagiers Paul Klee.

Chronologie und Ausstellungsauswahl 1931-1940

Paul Klee löst im April seinen Arbeitsvertrag mit dem Bauhaus in Dessau auf, wo er seit 1925 gelehrt hat. Er tritt im Juli eine Professur an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf an, unter vorläufiger Beibehaltung des Dessauer Wohnorts.

Im Oktober Besuch der Picasso-Retrospektive im Kunsthaus Zürich, Weiterreise nach Venedig.

Klee wird im Februar in der Dortmunder NSDAP-Zeitung Die Rote Erde als »galizischer Jude« beschimpft. Im folgenden Monat wird das Haus des Ehepaares Klee in Dessau in dessen Abwesenheit von der SA durchsucht. Im April folgt Klees sofortige Beurlaubung von der Kunstakademie Düsseldorf. Trotzdem zieht er nach Düsseldorf. Er überlässt im Oktober Daniel-Henry Kahnweiler, Galerie Simon, in Paris die Generalvertretung seiner Werke, die zuvor der Galerist Alfred Flechtheim innehatte. Klee trifft sich mit Nina und Wassily Kandinsky und besucht Picasso. Im Dezember emigriert Klee in die Schweiz und zieht mit seiner Frau Lily in sein Elternhaus in Bern.

Die Mayor Gallery in London veranstaltet von Mitte Januar bis Mitte Februar die erste Klee-Einzelausstellung in Grossbritannien. Das Ehepaar Klee zieht im Juni in eine Dreizimmerwohnung am Kistlerweg 6 in Bern, die es bis zum Tod Klees bewohnt.

Die Kunsthalle Bern zeigt von Februar bis März in einer grossen Ausstellung 273 Werke Klees aus den Jahren 1919 bis 1934. Die Ausstellung ist von Oktober bis November in reduzierter Fassung in der Kunsthalle Basel zu sehen. Will Grohmanns im Oktober 1934 erschienenes Buch über Klees Handzeichnungen wird im April von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Im Sommer besucht Max Ernst Klee in Bern. Klee erkrankt im August an einer Bronchitis. Drei Monate später werden Masern diagnostiziert, was postum als Symptom der unheilbaren Krankheit Sklerodermie gedeutet wird. Klee ist bis Anfang Dezember bettlägerig und verlässt bis Februar 1936 das Bett nur für wenige Stunden am Tag. Er erholt sich nur langsam und muss das Rauchen und Violinespielen aufgeben.

Anfang April nimmt Klee seine Arbeit in reduziertem Masse wieder auf. Im Juni begibt sich Klee zu einem Erholungsaufenthalt nach Tarasp im Unterengadin. Ein zweiter Kuraufenthalt in Montana im Kanton Wallis folgt im August und September. Die Krankheit stellt sich als progressive Sklerodermie heraus. Sein Gesundheitszustand bleibt sehr labil. Die künstlerische Produktion erreicht in diesem Jahr mit 25 Werken den absoluten Tiefstand.

Das San Francisco Museum of Art präsentiert zu Beginn des Jahres die Ausstellung Paul Klee mit 64 Werken. Letzte Begegnung Klees mit Wassily Kandinsky. Die im Juli in München eröffnete Wanderausstellung Entartete Kunst umfasst mindestens 15 konfiszierte Werke Klees. Im Sommer steigt Klees künstlerische Produktion erneut an. Zur selben Zeit werden insgesamt 102 Werke Klees aus öffentlichen deutschen Sammlungen beschlagnahmt. Klee verbringt im Herbst mit seiner Frau Lily zwei Monate in Ascona. Ende November besucht Picasso Klee in Bern.

Zu Beginn des Jahres veranstaltet Kahnweiler in der Galerie Simon die zweite Einzelausstellung Paul Klee. Oeuvres récentes, die erste Schau, die ausschliesslich Arbeiten des Spätwerks vorstellt. Kahnweiler überträgt im Februar dem Kunsthändler Karl Nierendorf, der 1936 von Berlin nach New York übersiedelt war, die Alleinvertretung von Klees Werk in Nordamerika. Im Sommer weilt Klee im Kurort Beatenberg. Ab Herbst gelangen über den Kunsthändler Karl Buchholz in Berlin, der eine Schlüsselstellung im Handel mit Klees Werken einnimmt, aus deutschen Museen beschlagnahmte Werke nach New York. Sie werden über seine New Yorker Fililale, die Buchholz Gallery, von Curt Valentin an öffentliche und private Sammlungen in den USA verkauft.

Klee erhält im April die Niederlassungsbewilligung in der Schweiz und stellt sofort einen Antrag auf Einbürgerung. Mehrere amerikanische Museen und Galerien zeigen Klees Werke. Die USA und die Schweiz bleiben die einzigen intakten Absatzgebiete für Klees Kunst. Georges Braque besucht Klee in Bern. Im Mai eröffnet das Museum of Modern Art in New York die Ausstellung Art in Our Time und kauft ein Werk Klees. Von September bis Oktober hält sich Klee mit seiner Frau in Faoug am Murtensee auf, wo insgesamt 105 Werke entstehen. Ein im Einbürgerungsfall Klee ermittelnder Polizeiwachtmeister diffamiert im Oktober Klees Kunst als Bedrohung der einheimischen Kultur. Klee feiert am 18. Dezember seinen 60. Geburtstag. Gratulationsartikel in Neue Zürcher Zeitung, Berner Tagblatt, Der Bund und National-Zeitung rechnen ihn der Schweizer Kunst zu. Er geniesst grosse Wertschätzung als ein Wegbereiter der Moderne. Klee verzeichnet mit 1253 in diesem Jahr geschaffenen Werken den Höchststand seiner künstlerischen Jahresproduktion.

Trotz Verschlechterung seines körperlichen Befindens setzt sich die gesteigerte Produktivität der letzten Monate fort. Weitere Ausstellungen in amerikanischen Museen folgen. Das Kunsthaus Zürich veranstaltet von Februar bis März die Jubiläumsausstellung Paul Klee. Neue Werke, die erste umfassende und zu Klees Lebzeiten einzige von ihm selbst konzipierte Präsentation seines Spätwerks. In der Schweizer Presse kommt es zu einigen negativen Reaktionen auf die Ausstellung. Im Mai fährt Klee mit seiner Frau zum Kuraufenthalt nach Locarno, im Juni wird er in die Clinica Sant'Agnese in Locarno-Muralto verlegt. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich dramatisch. Kurz bevor er die Schweizer Staatsbürgerschaft erhalten hätte, stirbt Klee am 29. Juni an einer Herzlähmung infolge einer Herzmuskelentzündung. In Zürich, Bern und New York finden grosse Gedächtnisausstellungen statt.