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2. Februar - 18. Mai 2014

Odilon Redon (geboren 1840 in Bordeaux, 1916 in Paris verstorben) gehört mit seinem Farbenkosmos zu den erstaunlichsten Künstlern der anbrechenden Moderne. Die Kunst dieses Hauptvertreters des französischen Symbolismus steht an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert und ist durch das Wechselspiel zwischen Tradition und Innovation bestimmt. Die Ausstellung in der Fondation Beyeler konzentriert sich anhand zahlreicher hochrangiger Gemälde, Pastelle, Zeichnungen und Lithografien aus renommierten internationalen Museen und Privatsammlungen auf Redons Bedeutung als Wegbereiter der Klassischen Moderne und somit auf die avantgardistische Dimension seiner Kunst. Redons hintergründiges und rätselhaftes Œuvre zeichnet sich durch Brüche und Kontraste aus, ist geprägt von einer Entwicklung, die vom Schwarz der frühen Kohlearbeiten und Lithografien hin zur «Farbexplosion» seiner späteren Pastelle und Ölbilder führt. Seine Werke changieren zwischen dem Unheimlichen und dem Heiteren: Bizarre Monster treten neben himmlische Geschöpfe – Traum und Alptraum, Natur und Imagination begegnen sich. Die Ausstellung präsentiert sämtliche Leitthemen und die wesentlichen Ideen und Innovationen von Redons sowohl inhaltlich als auch technisch vielfältigem Schaffen. Darin treffen verschiedenste Inspirationsquellen aufeinander – von der Kunstgeschichte, Literatur und Musik über die westliche und östliche Philosophie und Religion bis hin zu den Naturwissenschaften.
Mit seiner Kunst wollte Odilon Redon den Blick «auf die Wunder der sichtbaren Welt» richten – wir hoffen, Ihnen mit dieser Ausstellung diese wundersame Welt zu eröffnen.

Kurator der Ausstellung ist Raphaël Bouvier, Fondation Beyeler.

Saalheft

Blumenbilder

Das Erblühen der Farbe

Zu Redons floralen Kompositionen gehören die zarten Darstellungen von Idealfrauen, etwa Ophelia oder Beatrice, ebenso wie Porträts von weiblichen Individuen, die in einem wundersamen Wechselverhältnis zur Blumenwelt stehen.
In seinen berühmten Blumensträussen des Spätwerks macht Redon als Visionär der Farbe schliesslich die überbordende Blütenpracht zum künstlerischen Experimentierfeld und zur regelrechten Hommage an die Malerei. Bunte Blumen verschiedenster Sorten sind locker zu ausladenden Bouquets zusammengefasst und verwandeln die Vase gleichsam in einen Vulkan, der sich in einer magischen Eruption von Farben und Formen entlädt: "Die Kunst ist", so Redon, "gleich einer Blüte, die sich, ausserhalb aller Regeln, frei entfaltet …"

Noirs

Eine geheimnisvolle Schattenwelt

Odilon Redons Schaffen lässt sich summarisch in zwei grosse Werkphasen unterteilen: in die schwarze Periode des Frühwerks und die farbige seiner späteren Zeit. Zwischen etwa 1870 und 1890 bevorzugte der Künstler den Kohlestift als Ausdrucksmittel und schuf eine beachtliche Anzahl düsterer Zeichnungen, die sogenannten Noirs. Diese sind durch eine besondere technische Experimentierfreude charakterisiert. Redons Faszination für die Dunkelheit ging einher mit seiner Erkundung des Verborgenen, Unheimlichen und Rätselhaften, der gespenstische Erscheinungen und fantastische Kreaturen als Motive entsprangen. Darin manifestiert sich Redons Idee von einer Kunst des Unbestimmten, die auf die Vorstellungskraft des Betrachters zielt.

Dekorationsgemälde für das Château de Domecy

Redons grosse Dekorationsarbeiten waren hauptsächlich für private Sammler bestimmt, die zum Teil ganze Räume in ihren Wohnhäusern damit ausschmückten. Die ursprünglich siebzehn Paneele für die Esszimmerausstattung im Schloss des Baron de Domecy in Burgund stellten Redons bis dahin vielleicht radikalsten Kompositionen dar. Die Landschaftsausschnitte zeichnen sich dadurch aus, dass sie keinen bestimmten Ort und Raum veranschaulichen. Man erkennt einzelne Baumstämme, Zweige mit Blättern und Blütenknospen, die den horizontlosen Raum durchdringen und eine flächendeckende Struktur bilden. In diesen Dekorationsgemälden gelangt Redon über das Ornamentale zur Abstraktion, die hier eine ihrer frühesten Ausdrucksformen in der Malerei findet.

Einführung «ODILON REDON» durch Raphaël Bouvier, Kurator

Rundgang durch die Ausstellung Odilon Redon in der Fondation Beyeler mit dem Kurator Raphaël Bouvier (30.1.2014).

Katalog zur Ausstellung

Die geheimnisvolle Bilderwelt eines Hauptrepräsentanten des Symbolismus

Das Werk Odilon Redons (1840–1916) markiert die Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert und somit das Wechselspiel zwischen Tradition und Innovation. Brüche und Kontraste prägen seine künstlerische Entwicklung vom Schwarz-Weiß früher dunkler Kohlearbeiten und Lithografien bis zu regelrechten Farbexplosionen in hellem Pastell und Öl. Bizarre Monster treten neben himmlische Geschöpfe – Traum und Albtraum, Natur und Vision verschmelzen miteinander. In der Tendenz zur Verinnerlichung erfahren mythische, sakrale und biologische Motive in Redons Arbeiten eine Verrätselung, die sich nicht nur dem Sujet, sondern auch ästhetischen Aspekten von Farbe und Form verdankt. Von Zeitgenossen wie Paul Cézanne und Paul Gauguin hoch geschätzt, beeinflusste Redon Künstler wie Pierre Bonnard, Henri Matisse und Marcel Duchamp sowie die Surrealisten. Der Katalog stellt die großen Ideen des Künstlers und sein inhaltlich wie technisch-materiell vielfältiges Œuvre vor.

Hrsg. Fondation Beyeler, Texte von Raphaël Bouvier, Jodi Hauptmann, Margret Stuffmann, Gestaltung von Heinz Hiltbrunner
Deutsch, gebunden, 176 Seiten, 127 Abb., 25,40 x 31,20 cm
ISBN 978-3-7757-3752-4

Link zum Katalog

Bio Kurzform

Odilon Redon 20. April 1840, Bordeaux - 16. Juli 1916, Paris

1840  Am 20. April wird Bertrand Jean Redon in Bordeaux als zweites von fünf Kindern des vermögenden Gutsbesitzers Bertrand Redon und dessen kreolischer Frau Marie-Odile geboren.

Bis 1851  Als Kind an epileptischen Anfällen leidend, wächst Odilon, wie er nach der Mutter genannt wird, auf dem Familienweingut Peyrelebade im Médoc in der Obhut seines Onkels auf.

1857  Schliesst Freundschaft mit dem Botaniker Armand Clavaud, der ihn mit den Schriften Darwins und der zeitgenössischen Literatur vertraut macht.

1862/63  Zieht nach Paris, um Architektur zu studieren. Rückkehr nach Bordeaux, nachdem eine Aufnahme in die Architekturklasse der Ecole des Beaux-Arts gescheitert ist.

1864  Studiert kurze Zeit im Atelier des Historienmalers Jean Léon Gérôme in Paris.

1868  Erste Veröffentlichung als Kunstkritiker in der Zeitung La Gironde.

1874  Redons Vater stirbt. Sein Tod hat für die Familie finanzielle Schwierigkeiten zur Folge.

1879  Veröffentlichung von Redons erstem lithografischem Album Dans le rêve.

1880  Redon heiratet Camille Falte, mit der er eine glückliche, ihm Halt gebende Ehe führen wird.

1881  Erste Einzelausstellung mit einer Reihe von Kohlezeichnungen (Noirs), die beim Publikum auf Unverständnis stossen.

1884  Die von Redon mitbegründete und präsidierte Société des Artistes indépendants organisiert die erste ihrer Gruppenausstellungen, die als Salons des Indépendants bekannt werden. Dort werden etwa Bilder von Paul Cézanne, Vincent van Gogh und Georges Seurat gezeigt. Durch Joris Karl Huysmans’ Roman A rebours nehmen die intellektuellen Kreise erstmals Notiz von Redons Schaffen.

1889  Geburt des Sohnes Arï, die mit Redons Neuentdeckung der Farbe einhergeht.

1890  Verstärkte Hinwendung zu farbigen Pastellen und Ölgemälden.

1891  Redon wird zum künstlerischen Bezugspunkt der jungen Künstlergruppe der Nabis.

1894  Erste umfassende Werkschau in der legendären Galerie Durand-Ruel in Paris.

1902  Gibt die Kohlezeichnung auf und arbeitet fortan ausschliesslich farbig.

1904  Das Gemälde Yeux clos wird vom Pariser Musée du Luxembourg erworben und gelangt so als erstes Werk Redons in ein staatliches Museum.

1905  Redons Blumenbilder erregen Aufsehen. Allmählich machen Kunstliebhaber und Sammler sein Werk auch in der breiten Öffentlichkeit bekannter und verhelfen ihm zu einer gesicherten Existenz.

1913  Ist mit zahlreichen Werken auf der Armory Show in New York vertreten, die den Amerikanern erstmals Gelegenheit zur Begegnung mit der europäischen Moderne bietet.

1914  In Berlin, Düsseldorf und Zürich finden Redons erste Einzelausstellungen im deutschsprachigen Raum statt.

1916  Odilon Redon stirbt am 6. Juli in Paris. Beisetzung in Bièvres in der Essonne.