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2. Oktober 2011 – 29. Januar 2012

Der Surrealismus gehört zu den entscheidenden künstlerischen und literarischen Bewegungen der Moderne. Er bildete sich zwischen 1919 und 1924 in Paris heraus und entfaltete von dort aus weltweite Wirkung. Beeinflusst von Sigmund Freud und angeführt von André Breton, wollten die Surrealisten mit einer neuen Art von Kunst das Leben und die Gesellschaft verändern. Unter der Einbeziehung des Traums und des Unbewussten wurde eine faszinierende neue Kreativität entwickelt.

Die Ausstellung vereint über 200 Meisterwerke von Salvador Dalí, René Magritte, Joan Miró und anderen surrealistischen Künstlern. Als weiterer Höhepunkt werden die einzigartigen surrealistischen Privatsammlungen von Peggy Guggenheim und von André Bretons erster Frau, Simone Collinet, präsentiert. Neben berühmten Gemälden und Skulpturen sind Objekte, Fotografien, Zeichnungen, Manuskripte, Schmuckstücke und Filme zu entdecken.

Die Ausstellung der Fondation Beyeler ist die erste umfassende in der Schweiz, die dem Surrealismus in Paris gewidmet ist. Wie die berühmte Ausstellung der Surrealisten 1938 in Paris ist sie durch eine Reihe von Pariser Strassenschildern gegliedert, von denen einige real sind, andere erfunden. Die Besucher begeben sich somit auf einen Spaziergang durch die surrealistische Stadt.

Saalheft

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Künstler

Bureau central de recherches surréalistes

Mitglieder des Bureau central de recherches surréalistes, 1924

Stehend: Jacques Baron, Raymond Queneau, Pierre Naville, André Breton, Jacques-André Boiffard, Giorgio de Chirico, Roger Vitrac, Paul Eluard, Philippe Soupault, Robert Desnos, Louis Aragon; sitzend: Simone Breton, Max Morise, Marie-Louise Soupault

Surrealistisches Sammeln

Simone Collinet

Simone Collinet (1897-1980), geborene Kahn, gehörte zu den prägenden Figuren der Anfangs-phase des Surrealismus und besass eine ausserordentliche Sammlung surrealistischer Werke. Diese kann in dieser Ausstellung zum ersten Mal als Einheit gezeigt werden.

Simone lernte André Breton 1920 kennen, den sie 1921 heiratete. Bis zu ihrem Bruch im Herbst 1928 war Simone ein aktives Mitglied der surrealistischen Gruppe und führte das Bureau central des recherches surréalistes. Ein mit »S.B.« bezeichneter Textbeitrag von ihr erschien 1924 in der massgebenden surrealistischen Zeitschrift La révolution surréaliste.

In ihrem gemeinsamen Wohn-Atelier an der Rue Fontaine in Paris entstand eine hochkarätige Kunstsammlung. Bei ihrer Trennung wurde der Bestand aufgeteilt. Im Gegensatz zum Anteil Bretons blieb derjenige von Simone zu grossen Teilen bis heute in Familienbesitz. Er präsentiert auf höchstem Niveau mit Gemälden, Arbeiten auf Papier, Fotografien, aber auch Kunst der aussereuropäischen Völker die ganze Breite einer surrealistischen Sammlung. Ebenfalls besass Simone wichtige Manuskripte des Surrealismus, unter anderem die handschriftliche Fassung des ersten surrealistischen Manifestes. Dieses befindet sich heute wie zwei weitere Manuskripte sowie ein Gemälde de Chiricos und eine Zeichnung Massons in verschiedenen Museen, können aber im Rahmen dieser Ausstellung wieder mit der Sammlung vereint werden.

Nach ihrer Scheidung von Breton 1931 blieb Simone in den 30er Jahren mit dem intellektuellen und künstlerischen Milieu ihrer alten Freunde verbunden. In späteren Jahren verband sie auch mit Breton selbst wieder eine freundschaftliche Beziehung. 1938 heiratete sie Michel Collinet, einen Politiker der Linken. Nach dem Krieg vermittelte Simone als Galeristin vornehmlich surrealistische und dadaistische Kunst. Sie baute ihre Sammlung weiter aus, wovon hier zwei Gemälde Massons zeugen. Aber auch wichtige Erwerbungen von Werken Picabias fallen in diese Zeit.

Die Sammlung wird in der Ausstellung nicht in musealer Weise präsentiert. Vielmehr soll durch das Mischen von Techniken und Gattungen der private Charakter spürbar bleiben, wie er für das Ensemble kennzeichnend ist.

Peggy Guggenheim

Die Amerikanerin Peggy Gugenheim (1898-1979) ist eine der grössten Sammlerinnen und Förderinnen des Surrealismus. Ihr ist ein Raum in der Ausstellung gewidmet. Bereits seit den frühen 20er Jahren begann sie sich für die Kunst der Moderne zu interessieren und wurde später als Sammlerin moderner Kunst aktiv. 1938 hatte sie in London ihre erste Galerie Guggenheim jeune, in der sie auch Werke der Surrealisten ausstellte. Neben ihrer galeristischen Tätigkeit war sie mit vielen der Künstler befreundet und half diesen jahrelang aus der finanziellen Not. Max Ernst, André Breton und Victor Brauner verhalf sie 1940-41 zur Flucht vor dem Nationalsozialismus in die USA und unterstützte sie und andere während ihres amerikanischen Exils. 1941 heiratete sie Max Ernst, die beiden trennten sich nach einem Jahr. 1942 eröffnete sie in New York ihre legendäre Galerie Art of This Century. In zwei Raumensembles präsentierte sie ihre Sammlung surrealistischer und abstrakter Werke. An der Eröffnung der Galerie trug sie jeweils einen Ohrring von Yves Tanguy und einen von Alexander Calder, um ihre Unparteilichkeit gegenüber der surrealistischen und der abstrakten Kunst zu bekunden.

1951 machte sie ihre Sammlung im Palazzo Venier dei Leoni in Venedig der Öffentlichkeit zugänglich. Der in der Ausstellung präsentierte Raum wurde in Zusammenarbeit mit der Peggy Guggenheim Collection in Venedig konzipiert. Er enthält bedeutende Werke dieses Museums und zusätzlich weitere aus anderen Sammlungen, die einst Peggy gehörten, oder durch ihre Galerie gingen. So wird der Blick dieser grossen Sammlerin und leidenschaftlichen Kämpferin für die Sache der Kunst auf den Surrealismus erfahrbar. Die Präsentation des Raumes erinnert an die historische, von Friedrich Kiesler entworfene Ausstellungsarchitektur des surrealistischen Raums in Art of This Century.

Katalog zur Ausstellung «Dalí, Magritte, Miró - Surrealismus in Paris»

Ursprung, Geschichte und Aktualität des Surrealismus in neuartiger Gesamtschau.

Der Surrealismus entwickelte sich zwischen den Weltkriegen zur einflussreichsten künstlerischen und literarischen Bewegung des 20. Jahrhunderts. Vom Erlebnis der Sinnlosigkeit des I. Weltkriegs tief geprägt, begaben sich die Surrealisten unter der Leitung André Bretons »auf die leidenschaftliche Suche nach Freiheit in all ihren Gestalten«. Unter besonderer Beachtung des Unbewussten schufen sie völlig neue Ausdrucksformen von Kunst. Zugleich inszenierten sie Kunst in Ausstellungen auf radikal neue Weise. Bis heute setzt sich diese Tradition der Präsentation surrealistischer Werke in privaten Sammlungen ebenso wie öffentlichen Museen fort. Am beispielhaft präsentierten Werk prominenter Vertreter, neben Salvador Dalí, Max Ernst und Joan Miró nicht minder namhafter Künstler wie René Magritte, Yves Tanguy oder Meret Oppenheim, werden charakteristische Wirkweisen des Surrealismus erfahrbar. Nicht nur zeitgenössische Künstler finden darin Inspiration und aktuelle Bezüge.

Hrsg. Fondation Beyeler, Texte von Quentin Bajac, Philippe Büttner, Julia Drost, Annabelle Görgen, Ioana Jimborean, Robert Kopp, Ulf Küster, Valentina Locatelli, Guido Magnaguagno, Philip Rylands, Marlen Schneider, Jonas Storsve, Oliver Wick, Gestaltung von Marie Lusa.

290 Seiten, 304 farbige Abb., 25 x 31 cm, Gebunden Sprache: Deutsch

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